Mittwoch, 8. Januar 2020

Liebe ist

 

Die Liebe ist ein magischer Lichtstrahl,
der aus den Tiefen des Gefühls hervorbricht
und sein ganzes Umfeld erhellt;
auf diese Weise erlebt man die Welt als einen Reigen,
der durch grüne Wiesen zieht,
und das Leben als einen schönen Traum,
den man zwischen zwei Phasen
der Schlaflosigkeit träumt.

Khalil Gibran
 


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Bild: pixabay

Samstag, 4. Januar 2020

Der alte Großvater

und sein Enkel
Es war einmal ein steinalter Mann, dem waren die Augen trüb geworden,
die Ohren taub, und die Knie zitterten ihm. Wenn er nun bei Tische saß
und den Löffel kaum halten konnte, schüttete er Suppe auf das Tischtuch,
und es floss ihm auch etwas wieder aus dem Mund.
Sein Sohn und dessen Frau ekelte sich davor, und deswegen musste sich
der alte Großvater hinter den Ofen in die Ecke setzen, und sie gaben ihm sein
Essen in ein irdenes Schüsselchen und noch dazu nicht einmal genug um
Sattwerden; da sah er betrübt nach dem Tisch und die Augen wurden ihm
nass.
 
 
Einmal konnten seine zittrigen Hände auch das Schüsselchen nicht
festhalten, es fiel zur Erde und zerbrach. Die junge Frau schalt, er sagte
aber nichts und seufzte nur. Da kaufte sie ihm ein hölzernes Schüsselchen
für ein paar Heller, daraus musste er nun essen.
 
Als sie so da sitzen, trägt der kleine Enkel von vier Jahren auf der Erde
kleine Bretter zusammen.
"Was machst du da?" fragte der Vater.
"Ich mache ein Tröglein", antwortete das Kind, "daraus sollen Vater und
Mutter essen, wenn ich groß bin."
Da sahen sich Mann und Frau eine Weile an, fingen endlich an zu weinen,
holten sofort den alten Großvater an den Tisch und ließen ihn von nun an
immer mitessen, sagten auch nichts, wenn er ein wenig verschüttete.
 
~Ein Märchen der Gebrüder Grimm~
 
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Bild: Pixabay


Mittwoch, 1. Januar 2020

Willkommen 2020

 
 
Das neue Jahr ist wie ein unbeschriebenes,
weißes, unschuldiges Blatt Papier.
Es ist an uns Menschen dieses Blatt Papier
mit Worten zu füllen, die das ausdrücken,
was uns das neue Jahr beschert.
Tag für Tag,
Woche für Woche,
Monat für Monat.
Bis auch dieses Jahr wieder vorüber ist
und ein neues Buch geschrieben wird.
 
Seite für Seite schreiben wir 2020 auf,
was das neue Jahr uns bringt.
So entsteht ein Kapitel nach dem anderen,
bis es zu einem dicken Buch wird.
Zum Geschichtsbuch des Jahres 2020.
 
Wie dick dieses Buch wird und was alles darin
zu lesen sein wird,
liegt nicht allein in Gottes Hand,
sondern zum großen Teil
an uns Menschen selbst.
 
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Donnerstag, 26. Dezember 2019

Das Geheimnis

des Lebens
 

 
Es war einmal ein junger Mann, der suchte nach dem Geheimnis des Lebens.
Er suchte und suchte, aber er fand es nicht. Was er hingegen fand,
war eine Menge von Leuten, die genauso wie er das Geheimnis des Lebens
suchten. Da fühlte er sich gleich einmal besser, denn er wusste,
dass er nicht alleine war.
 
Dann, eines Tages hörte einer der Suchenden von einem Meister, der das
Geheimnis des Lebens besitzen sollte. So pilgerten sie alle hin zu
diesem Meister und fragten:
"Meister, besitzt Du das Geheimnis des Lebens?"
Der Meister nickte.
Dann bestürmten sie ihn: "Meister, verrate es uns, bitte".
Der Meister schüttelte den Kopf.
Die Suchenden fragten: "Aber warum nicht, Meister?"
Er antwortete: "Weil es dann kein Geheimnis mehr wäre!"
Doch die Suchenden blieben bei ihm und sorgten für ihn, lasen ihm jeden
Wunsch von den Augen ab.
Das Gerücht ging um, der Meister hätte das Geheimnis des Lebens
aufgeschrieben auf ein Stück Reispapier, das er in seinem Schrein aufbewahrte.
Als der Meister eines Tages verstarb, bauten ihm seine Schüler ein großes
Mausoleum und sie beschlossen, den Schrein nun zu öffnen,
denn sie wollten ja endlich das Geheimnis des Lebens erfahren.
Nun, es war wirklich ein Stück Reispapier im Schrein, und darauf stand:
"Das Geheimnis des Lebens habe ich zurückgelassen,
so wie ein Gast seine Spuren hinterlässt in den Herzen der Menschen,
verloren in Zeit und Raum und der Illusion. Wer das Geheimnis preisgibt,
hat keinen Grund mehr zu suchen. Werdet zu Suchenden.
Wenn Ihr findet, was Ihr sucht, seid Ihr keine Suchenden mehr - und
Ihr betrügt Euch selbst um wertvolle Erfahrungen und Begegnungen.."
 
Quelle: unbekannt

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Bild: Pixabay
 

Sonntag, 22. Dezember 2019

Die vier Kerzen

 
Vier Kerzen brannten am Adventskranz und draußen war es ganz still.
So still, dass man hörte, wie die Kerzen miteinander zu reden begannen.
Die erste Kerze seufzte und sagte:
"Ich heiße FRIEDEN. Mein Licht gibt Sicherheit, doch die Menschen halten
keinen Frieden. Sie wollen mich nicht." Ihr Licht wurde kleiner und kleiner
und verlosch schließlich ganz.
Die zweite Kerze flackerte und sagte:
"Ich heiße GLAUBEN. Aber ich fühle mich überflüssig. Die Menschen glauben
an gar nichts mehr. Es hat keinen Sinn, dass ich brenne.
Ein Luftzug wehte durch den Raum, und die zweite Kerze war aus.
 
Leise und sehr zaghaft meldete sich nun die dritte Kerze zu Wort:
"Ich heiße LIEBE. Ich habe keine Kraft mehr zu brennen; denn die Menschen
sind zu Egoisten geworden. Sie sehen nur sich selbst und sind nicht bereit
einander glücklich zu machen." Und mit einem letzten Aufflackern war auch
dieses Licht ausgelöscht.
Da kam ein Kind ins Zimmer. Verwundert schaute es die Kerzen an und sagte:
"Aber ihr sollt doch brennen und nicht aus sein."
Da meldete sich die vierte Kerze zu Wort. Sie sagte:
"Hab keine Angst, denn so lange ich brenne, können wir auch die anderen
Kerzen immer wieder anzünden. Ich heiße HOFFNUNG."
Mit einem kleinen Stück Holz nahm das Kind Licht von dieser Kerze
und erweckte Frieden, Glauben und die Liebe wieder zu Leben.
 
(Lichtkreis)
 


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Samstag, 21. Dezember 2019

Schlittenfahrt

  
Ein feiner Dunst liegt in der Luft,
Der Wald steht tief in Träumen, 
Nur manchmal löst im Abendwind
Ein zitternd Flöckchen sich und rinnt
Schlaftrunken von den Bäumen ...
Die Peitsche knallt,  der Schlitten saust,
Die Silberschellen klingen,
Wir sitzen,  Arm an Arm geschmiegt,
Ein blasses Winterseelchen fliegt
Um uns mit weißen Schwingen
Und spricht:
Wie heiß euer Atem weht!
Mein kaltes Kleidchen zergeht
Vor seinem Hauch;
Es schlagen Flammen
Aus euren Augen, 
Und eure Hände
Und eure Seelen
Die glühen auch.  -
Wir sind so kühl ...
Schnee unser Pfühl,
Schnee unsre Speise;
Und unser Herzchen schlägt
Unter dem weißen Kleid
Ganz leise.  -
Wenn die Sonne scheint,
Ziehn wir erschrocken
Die Mützchen über das Ohr,
Fassen uns an und hocken
Unter den Zweigen.  -
Aber der Vater weint ...
Der Vater ist alt
Und die Mutter jung,
Und die Sonne weckt
Die Erinnerung
An das  lachende Leben!
Dann liegt sie unter den weißen Decken
So traumhaft schön,
Kleine,  kichernde Seufzer wehn
Um ihrem Mund, die Hände recken
Sich sehnsüchtig aus, 
Und über der Brust, der große Strauß
Eisiger Blüten nickt dazu:
"Schlafe, liebe Königin du ...!" 
Aber der Vater weint!
"Wir fürchten uns,
Wenn die Sonne scheint ..."

Die Peitsche knallt, der Schlitten saust,
Das Seelchen ist zerstoben, 
Unmerklich hat die Winternacht
Die ganze, weiße Märchenpracht
Mit Dunkelheit umwoben.

Zu Tale gehts,  es stäubt der Schnee,
Die Silberschellen klingen,
Am Wege blitzen Lichter auf,
Der Lärm der Stadt wacht brausend auf,
Und kleine Buben singen: 
"Morgen kommt der Weihnachtsmann ..."
Anna Ritter
 
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Bild: Pixabay

Mittwoch, 18. Dezember 2019

Markt und Straßen stehn verlassen 🎄

 
  
Markt und Straßen stehn verlassen,
Still erleuchtet jedes Haus,
Sinnend geh' ich durch die Gassen,
Alles sieht so festlich aus.
 
An den Fenstern haben Frauen
Buntes Spielzeug fromm geschmückt,
Tausend Kindlein stehn und schauen,
Sind so wunderstill beglückt.
 
Und ich wandre aus den Mauern
Bis hinaus in's weite Feld,
Hehres Glänzen, heil'ges Schauern!
Wie so weit und still die Welt!
 
Sterne hoch die Kreise schlingen,

Aus des Schneees Einsamkeit
Steigt’s wie wunderbares Singen –
O du gnadenreiche Zeit!
 
Joseph von Eichendorff
 
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 Grafik: Pixabay