Sonntag, 23. Februar 2020

Ich liebe diese Stunde

die anders ist, kommt und geht.
Nein, nicht diese Stunde, diesen Augenblick liebe ich, der so still ist.
Diesen Anfangs-Augenblick, diese Initiale der Stille,
diesen ersten Stern, diesen Anfang.
Dieses Etwas in mir, das aufsteht,
wie junge Mädchen aufsteh'n in ihrer weißen Mansarde.
 
 
 
In der weißen Mansarde, in der sie wohnen, seit sie erwachsen sind ....
 

 
 
Nun aber ist die weiße Mansarde das Leben und wenn man am Morgen
an das immer offene Fenster tritt, so sieht man die Welt.
Große Bäume sieht man, die immer noch wachsen,
Vögel sieht man und große Zweige schwanken von ihrem Abflug und es ist,
als wäre der Wind in einem Tier und in den Stämmen der Stille.
 
 
 
Ich liebe diesen Wind, diesen weiten verwandelnden Wind,
der dem Frühling vorangeht, ich liebe das Geräusch dieses Windes
und seine ferne Gebärde, die mitten durch alle Dinge geht,
als wären sie nicht.
 
 
 
Diese Nacht liebe ich. Nein, nicht diese Nacht, diesen Nachtanfang,
diese eine lange Anfangszeile der Nacht, die ich nicht lesen werde,
weil sie kein Buch für Anfänger ist.
Diesen Augenblick liebe ich, der nun vorüber ist und von dem ich,
da er verging, fühlte, dass er erst sein wird.
 
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Und ich liebe Rainer Marie Rilke, der mir mit diesen Sätzen
aus der Tiefe meiner Seele spricht.
 
 
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Fotos: Pixabay
 


Montag, 17. Februar 2020

Zwei Freunde wanderten durch die Wüste

 
Während der Wanderung kam es zu einem Steit und
der eine schlug dem anderen im Affekt ins Gesicht.
Der Geschlagene war gekränkt. Ohne ein Wort zu sagen, kniete er nieder
und schrieb folgende Worte in den Sand:
"Heute hat mich mein bester Freund ins Gesicht geschlagen." …
Sie setzten ihre Wanderung fort und kamen bald darauf zu einer Oase.
Dort beschlossen sie, ein Bad zu nehmen.
Der Freund, der geschlagen worden war,
blieb auf einmal im Schlamm stecken und drohte zu ertrinken.
Aber sein Freund rettete ihn buchstäblich in letzter Minute.
Nachdem sich der Freund, der fast ertrunken war, wieder erholt hatte,
nahm er einen Stein und ritzte folgende Worte hinein:
"Heute hat mein bester Freund mir das Leben gerettet."
 

Der Freund, der den anderen geschlagen und auch gerettet hatte,
fragte erstaunt: "Als ich dich gekränkt hatte, hast du deinen Satz
nur in den Sand geschrieben,
aber nun ritzt du die Worte in einen Stein. Warum?"
Der andere Freund antwortete:
"Wenn uns jemand gekränkt oder beleidigt hat,
sollten wir es in den Sand schreiben, damit der Wind des Verzeihens
es wieder auslöschen kann.
Aber wenn jemand etwas tut, was für uns gut ist,
dann können wir das in einen Stein gravieren,
damit kein Wind es jemals löschen kann."

(Autor unbekannt)


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Fotos: Pixabay
 


Freitag, 14. Februar 2020

Das Glück finden

 
 
Es liegt ein großes Glück darin,
 
nichts zu wollen,
 
nicht etwas zu sein,
 
nirgendwo hinzugehen.
 
Krishnamurti
 
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Jedermanns Ziel sollte es sein,
 
das Glücksgefühl im eigenen Inneren
 
zu finden.
 

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Foto: Pixabay


Freitag, 7. Februar 2020

Nutze jede Stunde

 
Nutze jede Stunde;
wenn du das Heute wahrnimmst,
 
 
wirst du weniger vom Morgen abhängen;
indem man das Leben aufschiebt,
eilt es von dannen.
 
Seneca
 
 
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Bilder: Pixabay
 


Montag, 3. Februar 2020

Die Sterntaler

Ein Märchen der Gebrüder Grimm
 
 
Es war einmal ein kleines Mädchen, deren Vater und Mutter gestorben waren.
Die Eltern hatten ihr nichts hinterlassen und es war so arm, dass es kein
Kämmerchen mehr hatte, um darin zu wohnen und kein Bettchen mehr hatte,
um darin zu schlafen.
Irgendwann hatte es gar nichts mehr außer den Kleider auf dem Leib und ein
Stück Brot in der Hand, welches ihm ein gutes Herz geschenkt hatte.

 Es war aber gut und fromm. Und weil es so von aller Welt verlassen war, ging
es im Vertrauen auf den lieben Gott hinaus ins Ungewisse. Da begegnete ihm
ein armer, alter Mann, der sprach:
"Ach bitte, ich bin so hungrig. Gib mir etwas zu Essen!"
Da reichte es ihm das ganze Stück Brot und sagte:
"Gott segnes dir!" und ging weiter.
Da kam ein Kind, das jammerte und sprach: "Es friert mich so an meinem
Kopfe! Bitte schenk mir etwas, womit ich ihn bedecken kann."
Da nahm es sein Mützchen ab und gab es ihm.

Und als es noch eine Stück gegangen war, kam wieder ein Kind, das hatte kein
Leibchen an und fror. Da gab es ihm seins. Und noch ein Stück weiter, da bat
eins um sein Röcklein und das gab es auch noch hin.


 Endlich gelangte es in einen Wald und es war schon dunkel geworden. Da kam
noch ein Kind und bat um ein Hemdchen. Das fromme Mädchen dachte:
 "Die Nacht ist dunkel, da sieht mich niemand. Du kannst wohl auch dein Hemd
weg geben", und zog das Hemd ab und gab es auch noch hin.
Und wie es so stand und gar nichts mehr hatte, fielen auf einmal die Sterne
vom Himmel und waren lauter harte, blinkende Taler. Und auch wenn es sein
Hemdlein weg gegeben, so hatte es ein neues an und das war vom aller-
feinsten Linnen.

Da sammelte es die Taler hinein und war reich für sein Lebtag.
 

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Bild: Wikipedia.org