Montag, 23. Oktober 2023

Mondnacht

 


 Welk sind die Blätter,
Kahl geworden die Bäume,
Geblieben ist die Erinnerung
An des Sommers Träume.

Kalt weht der Wind
Über die Weite der Felder,
Bemalt mit goldener Farbe
Hat der Herbst die Wälder.

Früh naht der Abend
In des Tages mildem Licht,
Taucht ein in das Dunkel
bis der neue Tag anbricht.

Die fernen Sterne funkeln
Der Mond scheint silberhell.
In tiefen Schlaf versunken
Entschwinde ich der Welt.

© Ursula Evelyn
 

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Bild: Pixabay

Montag, 2. Oktober 2023

Auf der Heide


Wo der Saum der Hügelketten
Fern den müden Himmel hält,
dort zerfließt in violetten
Farbentönen schon die Welt.

Bäume heben scharf umrissen
sich hervor am Bergesrand,
rings im fahlen, ungewissen
Lichte träumt das Heideland.

Träumt und drüber weiter fächelt
leicht ein lauer Abendwind,
aber, ach, den Nachtgruß lächelt
ihm kein duftig Blumenkind.

Halb verdorrte Sträucher ragen
aus dem Boden kahl und leer,
und er wiegt mit leisem Klagen
dürre Disteln hin und her.
 
Rainer Maria Rilke
 

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Foto: Pixabay

Baum im Herbst

 

 
Noch ringt verzweifelt mit den kalten
Oktobernächten um sein grünes Kleid
Mein Baum. Er liebt's, ihm ist es leid,
Er trug es fröhliche Monde lang,
Er möchte es gern behalten.
 
Und wieder eine Nacht, und wieder
Ein rauher Tag. Der Baum wird matt
Und kämpft nicht mehr und gibt die Glieder
Gelöst dem fremden Willen hin,
Bis der ihn ganz bezwungen hat.
 
Nun aber lacht er golden rot
Und ruht im Blauen tief beglückt.
Da er sich müd dem Sterben bot,
Hat ihn der Herbst, der milde Herbst
Zu neuer Herrlichkeit geschmückt.
 
Hermann Hesse
 

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Bild: Pixabay