Samstag, 4. Januar 2020

Der alte Großvater

und sein Enkel
Es war einmal ein steinalter Mann, dem waren die Augen trüb geworden,
die Ohren taub, und die Knie zitterten ihm. Wenn er nun bei Tische saß
und den Löffel kaum halten konnte, schüttete er Suppe auf das Tischtuch,
und es floss ihm auch etwas wieder aus dem Mund.
Sein Sohn und dessen Frau ekelte sich davor, und deswegen musste sich
der alte Großvater hinter den Ofen in die Ecke setzen, und sie gaben ihm sein
Essen in ein irdenes Schüsselchen und noch dazu nicht einmal genug um
Sattwerden; da sah er betrübt nach dem Tisch und die Augen wurden ihm
nass.
 
 
Einmal konnten seine zittrigen Hände auch das Schüsselchen nicht
festhalten, es fiel zur Erde und zerbrach. Die junge Frau schalt, er sagte
aber nichts und seufzte nur. Da kaufte sie ihm ein hölzernes Schüsselchen
für ein paar Heller, daraus musste er nun essen.
 
Als sie so da sitzen, trägt der kleine Enkel von vier Jahren auf der Erde
kleine Bretter zusammen.
"Was machst du da?" fragte der Vater.
"Ich mache ein Tröglein", antwortete das Kind, "daraus sollen Vater und
Mutter essen, wenn ich groß bin."
Da sahen sich Mann und Frau eine Weile an, fingen endlich an zu weinen,
holten sofort den alten Großvater an den Tisch und ließen ihn von nun an
immer mitessen, sagten auch nichts, wenn er ein wenig verschüttete.
 
~Ein Märchen der Gebrüder Grimm~
 
~*~
 
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Bild: Pixabay


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